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19.11.2013

Zum 100. Geburtstag von Bruno Kreisky

"Wie sollte man so anmaßend sein zu glauben, dass einem alles gelingen müsste. Ich fürchte, dass von dem vielen, das man beginnt, nur einiges gelingen wird. Aber das wird hoffentlich genug sein, um eine bleibende Wirkung zu haben,..." (Bruno Kreisky)

Bruno Kreisky war zweifellos der prominenteste und einflussreichste Politiker im Österreich der Nachkriegsjahre. Etwa dreißig Jahre lang gestaltete er die Politik seines Landes und hob dessen Ansehen in der ganzen Welt, zuerst als Staatssekretär (1953-1958), dann als Außenminister (1959-1966) als Vorsitzender der damals in der Opposition befindlichen sozialdemokratischen Partei und schließlich als Bundeskanzler (1970 bis 1983). Während seiner langen Amtszeit erreichte Österreich einen bis dahin noch nie gekannten Wohlstand. Kreisky nutzte sie, um Reformen des Wahlrechts, des Erziehungssystems und der Justiz vorzunehmen. Auch vereinzelte Skandale überstand er souverän. Kreisky versuchte, die Demokratie in Österreich gleichermaßen zu erweitern und zu vertiefen und den Dialog auf internationaler Ebene zu verstärken.

Bruno Kreisky wurde am 22. Jänner 1911 in Österreich in eine jüdische Mittelklassefamilie geboren. Empört durch die Armut und Gewalt, die er im Österreich der Zwischenkriegszeit erlebte, trat er im Alter von sechzehn Jahren der sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) bei. Unter dem autoritären Schuschnigg-Regime wurde Kreisky im Jahr 1935 verhaftet und für eineinhalb Jahre ins Gefängnis gebracht. Unter den Nazis wurde Kreisky im März 1938 erneut inhaftiert, diesmal in einem Gestapo-Gefängnis. Er wurde gezwungen, nach Schweden zu emigrieren, wo er Vera Fürth heiratete und seine Kinder geboren wurden. Trotz Kreiskys Anstrengungen, 1946 nach Österreich zurückzukehren, wurde er in Schweden als Diplomat außer Landes gehalten und kehrte erst 1951 wieder in seine Heimat zurück. Er begann seine politische Karriere als Berater des damaligen Präsidenten Theodor Körner. Nach seiner Ernennung zum Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten des Bundeskanzleramtes nahm Kreisky an entscheidenden Verhandlungen teil, die zum österreichischen Staatsvertrag und zur Annahme des Neutralitätsgesetzes führten und einen zehnjährigen Zeitraum beendeten, während dessen Österreich von den vier Alliierten verwaltet wurde.

Kreiskys analytischer Geist und seine Intelligenz, aber auch sein tief verwurzelter Humanismus, seine Integrität, sein unermüdliches Eintreten für Toleranz und soziale Gerechtigkeit sowie sein profundes Verantwortungsgefühl wurden von Politikern in Ost und West ebenso wie von Wissenschaftlern geschätzt. Diese Eigenschaften brachten ihm das Vertrauen und die Bewunderung von internationalen Führungspersönlichkeiten seiner Zeit wie Willy Brandt, Indira Ghandi, John F. Kennedy, Charles de Gaulle, Anwar al-Sadat, Henry Kissinger und François Mitterrand ein. Seine internationalen Verbindungen und seine Position als Bundeskanzler eines neutralen Staates ermöglichten es ihm, die Funktion eines uneigennützigen Vermittlers für Frieden, Menschenrechte und Entwicklungsinitiativen auf internationaler Ebene auszuüben.

Während seiner Amtszeit von 1970 bis 1983 trat er international als Fürsprecher der Selbstbestimmung der Palästinenser, als Befürworter einer europäischen Entspannungspolitik sowie des Nord-Süd-Dialogs auf. Ständig arbeitete er an der Errichtung der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, nie wurde er müde, seine Stimme für unterdrückte Oppositionsführer in kommunistischen Ländern zu erheben. Infolge dieser Tätigkeiten wurde Kreisky von jeder amerikanischen und sowjetischen Regierung von Kennedy bis Breschnjew geachtet und gelobt - und dies trotz seiner Kritik am Kommunismus sowjetischer Prägung und an der amerikanischen Politik des Kalten Krieges und dem Wettrüsten unter Präsident Reagan. Kreisky mit Mantel
   

Kreisky im Alter

 

In seinen späten Jahren wurde Kreisky bewusst, dass die Welt sich grundlegend gewandelt hatte und nach Beendigung des Kalten Krieges ein vollkommen neues Europa entstehen würde. Es machte ihn traurig, nicht mehr an der Gestaltung dieses neuen Zeitabschnitts teilnehmen zu können.

Bruno Kreisky starb am 29. Juli 1990. In der vom ehemaligen deutschen Bundeskanzler und Nobelpreisträger Willy Brandt gehaltenen Grabesrede sagte dieser: „Was machen wir mit unserer Dankesschuld? Ich denke, wir tragen sie ab, wenn wir möglichst viel von dem lebendig erhalten, was Kreisky vorschwebte." Dieser Ausspruch sollte zu einem Leitsatz für die zukünftige Arbeit des Bruno Kreisky Forums werden. (© Oliver Rathkolb)


Unter dem untenstehenden LINK finden Sie einern Video-Beitrag von N1TV über eine Gedenkveranstaltung am 24. Jänner 2011 in Gumpoldskirchen.