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09.10.2023

„Es ist höchste Zeit, dass Superreiche endlich einen fairen Beitrag leisten!“

Unter dem Motto „Zurück zur Gerechtigkeit“ tourt SPÖ-Chef Andreas Babler durch alle Bezirke Österreichs. Wir haben mit ihm über das Comeback der Sozialdemokratie, die gerechte Verteilung des Wohlstands und seinen Plan für ein besseres Österreich gesprochen.


Lieber Andi, im Rahmen deiner „Comeback“-Tour besuchst du alle Bezirke Österreichs. Was sind deine bisherigen Eindrücke von der Tour?


Die Stimmung bei der Tour ist unglaublich, wir haben einen irrsinnigen Drive. Das Interesse an der Sozialdemokratie ist groß, das merke ich bei allen Treffen und Veranstaltungen – egal ob bei Betriebsbesuchen, Kirtagen oder bei Partei-Events. Vor kurzem sind bei einer Veranstaltung in der Steiermark drei Security-Mitarbeiter im Saal spontan der SPÖ beigetreten. Wenn wir diesen Spirit mitnehmen, bin ich fest davon überzeugt, dass wir stärkste Kraft werden.


Die Unzufriedenheit mit der Regierung ist enorm, der Wunsch nach Veränderung groß. Wie möchtest du Österreich besser machen?


Ich will, dass die Jugend in Österreich eine andere Politik kennenlernt und mit Zuversicht in die Zukunft blickt. Was sind die größten Probleme? Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps, zwei Perioden Schwarz-Blau haben die Privatversicherungen reicher gemacht und die Patient*innen ärmer. Kassenärzt*innen fehlen, man muss ewig auf Operationstermine warten und die Pflegekräfte sind ausgebrannt. Wir müssen dafür sorgen, dass die E-Card der Zugang zur besten medizinischen Versorgung ist – und nicht die Kreditkarte. Und Wohnen muss wieder leistbar werden. Das Wohlstandsversprechen, wonach Wohnen nicht mehr als ein Drittel des monatlichen Haushaltseinkommens auffressen soll, ist einfach gebrochen worden. Wir brauchen Mietdeckel, Maßnahmen gegen Immobilienspekulation und einen kräftigen Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus.


Das Motto deiner Tour lautet „Zurück zur Gerechtigkeit“. Was meinst du damit?


Ich meine damit den Politikstil sozialdemokratischer Regierungen, allen voran die Regierung Kreisky. Damals hieß Reform: Politiker sitzen zusammen und überlegen, wie man das Leben der Leute besser machen kann. Das Leben der Arbeiter*innen, der Angestellten, der Lehrer*innen, der Kinder – das stand im Zentrum der Politik. Wenn Leute heute „Reform“ hören, denken sie an Kürzungen und Verschlechterung. Weil dann sitzen Regierungspolitiker zusammen und überlegen, wie man das Leben für Banken, Immobilien-Besitzer und Millionenerben besser machen kann. Es ist Zeit, diese finstere Periode zu beenden und zur Gerechtigkeit zurückzukehren.


Was heißt das konkret?


Ich kann ein Beispiel geben: In den 1970er Jahren hat die Regierung Kreisky im steirischen Fohnsdorf eine Beschäftigungskatastrophe verhindert: Als das Kohlewerk dort zusperren musste, überließ Kreisky die Fohnsdorfer*innen nicht einfach ihrem Schicksal. Er ließ Schnellstraßen, Erdgasleitungen und Wohnungen bauen. Die Regierung baute ein Schulungszentrum, um tausende arbeitslose Bergarbeiter zu Metallfacharbeitern umzuschulen. Und Kreisky hat auch große Firmen wie Siemens überzeugt, dort Werke zu errichten und die Fohnsdorfer*innen zu beschäftigen.

 

Und heute passiert das nicht mehr so?


Heute gibt es Fälle wie Kika/Leiner, wo die Regierung dem Milliardär René Benko bei der Übernahme der Möbelkette hilft. Alle, die sich auskennen, haben gewarnt, dass es Benko nur um die wertvollen Immobilien in Innenstadtlage geht und nicht um die Beschäftigten. Trotzdem bekam Benko von der Regierung Millionen Corona-Hilfen und über 100 Mio. Steuerstundungen. Er selbst ist mit einem Gewinn von 300 Mio. ausgestiegen, 1.900 Menschen haben ihren Job verloren und die Steuerzahler*innen sind auf den Steuerschulden sitzen geblieben. Niemand in dieser Regierung hat sich um die Beschäftigten geschert, aber man hat das Gefühl, die Regierung hat Benko bei seinem Deal noch geholfen!


Derzeit stehen die Zeichen eher auf Sturm: Die Inflation steigt, die Wirtschaftsleistung schrumpft und die Arbeitslosigkeit ist wieder gestiegen. Was macht die Regierung falsch?


Die Regierung schaut jetzt seit zwei Jahren einfach nur zu. Das ist unterlassene Hilfeleistung. Wir haben die höchste Inflation in Westeuropa, eine schrumpfende Wirtschaft und eine wachsende Arbeitslosigkeit. Und ein Land voller Menschen, die wirklich wütend sind, weil die Mieten steigen, die Lebensmittelpreise und die Energie – alles Produkte, auf die sie nicht verzichten können. Die Regierung steht daneben wie ein Gaffer bei einem Unfall und tut nichts. Sie hat sich vehement geweigert, einzugreifen und die Preise zu senken. Wir sehen in anderen Ländern, wie die Mieten wirklich gedeckelt werden, die Zinsen reguliert werden und die Lebensmittelpreise sinken. In Österreich wird nichts getan.


Die SPÖ hat ein Modell für gerechte Millionärssteuern beschlossen. Was sind die Eckpfeiler?


Arbeit ist in Österreich viel zu hoch, Vermögen sind fast gar nicht besteuert. Diese Schieflage müssen wir geraderücken. Wer Arbeitseinkommen entlasten will, muss Millionenvermögen besteuern. Unser Modell für gerechte Millionärssteuern bringt 100 Millionen Euro in der Woche. Geld, das wir dringend brauchen, um Steuern auf Arbeit zu senken, das Gesundheitssystem zu stärken und in Bildung zu investieren. Vom SPÖ-Modell profitieren 98 Prozent der Menschen. Es ist höchste Zeit, dass Superreiche endlich einen fairen Beitrag leisten!


Beim SPÖ-Modell ist das Eigenheim von den Millionärssteuern ausgenommen...


… genau, das war mir besonders wichtig. Wir sind die Partei der Häuslbauer. Das SPÖ-Modell stellt sicher, dass nur Multimillionäre von der Steuer betroffen sind. Das eigene Haus, die eigene Wohnung sind bis zu einer Grenze von 1,5 Millionen Euro ausgenommen. Wer jetzt noch immer gegen gerechte Millionärssteuern ist, hat nicht die wahren Leistungsträger*innen im Sinn, sondern macht Politik für die Superreichen.


Für große Aufregung hat ein Video von Kanzler Nehammer gesorgt. Darin rät er armutsbetroffenen Familien, den Kindern Hamburger zu kaufen. Was sagst du zu diesem Zynismus?


Die Menschen in Österreich haben sich einen Bundeskanzler verdient, der sie respektiert! In dem Video sehen wir einen Bundeskanzler, der die Leute verachtet. Er verhöhnt Familien, die Armut leben. Er richtet den Sozialpartnern aus, dass die Reallöhne nicht steigen sollen. Morgen wird er uns ausrichten, dass die Pensionen gekürzt werden. Und übermorgen spart er unser Gesundheitssystem endgültig tot. Das Video zeigt, was uns unter einer schwarz-blauen Regierung droht. Nächstes Jahr hat Österreich die Wahl zwischen einer schwarz-blauen Koalition oder einer Regierung, die die Menschen respektiert und Österreich besser und gerechter macht.

 

ANDREAS BABLER (50) ist Partei- und Klubvorsitzender der SPÖ. Er besucht im Rahmen seiner Comeback-Tour alle Bezirke und kämpft für ein besseres und gerechtes Österreich.