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24.10.2020

Chronik von Gießhübl - Teil 1

Gießhübl wird zwar erst 1368 zum ersten Mal namentlich erwähnt, aber der Ort ist zweifellos wesentlich älter. Zahlreiche Indizien, allerdings gibt es auch hier keinen hundertprozentigen Beweis, machen es wahrscheinlich, daß die Grafen von Vohburg noch im 11 Jahrhundert einen ihrer Gefolgsleute beauftragten, die damals noch dicht bewaldeten Höhen über Mödling zu be- steigen und an einem günstigen Ort eine Siedlung anzulegen.Es wird vermutet, daß ein bayrischer Besiedlungsfachmann im Bereich zwischen dem heutigen Gemeindeamt und der Brunnengasse,  zu beiden Seiten eines kleinen Baches, etwa 30 Baustellen angelegt hat.

Für die Ableitung und Bedeutung des Namens Gießhübl können nur Vermutungen in Betracht gezogen werden. Da lange Zeit die Form "der Gisshubel" verwendet wurde, deutet vieles auf  einen Flurnamen hin. Der Ortsname "Gießhübl" ist im deutschen Sprachraum sehr häufig, ist jedoch in seiner Bedeutung noch immer ungeklärt. In Niederösterreich kommt er allein zehnmal vor. 1413 wird im Gewährsbuch von Liechtenstein der Name "Gisshübel" genannt. 1534 kommt der Name Bartlme Güssübler, ferner Niklas Güssibler vor. Es handelt sich vermutlich um den Namen nach dem Ried, wo der Besitzer gewohnt hat. Noch deutlicher geht dies aus weiteren Aufzeichnungen hervor, wo auf dem Ried Hochleuten eine Besitzerin Elspeth Stroblin auf dem Güssübel und ein Thomann En vom Güssübl verzeichnet sind.

Das in der Topographie von Niederösterreich angegebene Gründungsjahr 1592 ist nach neuen Erkenntnissen nicht haltbar. Es hieß immer, daß der damalige Herr von Liechtenstein und Mödling Baustellen auf dem Hügel verschenkte. Nach einem im Jahre 1992 entstandenen  Forschungsbericht kam Dr. Andreas Kusternig zu der Erkenntnis, daß Pögl 1563 auf dem Hundskogel ein Stück Wald roden ließ und an dessen Stelle Weingärten anlegte, wozu ihm das Recht von seiten des Dürrliesinger Waldamtes bestritten wurde, da Pögl die Nutzung desWaldes aber nicht die Nutzung der Weingärten zugestanden wäre, da diese dem Landesfürsten zustand. Vielleicht handelte es sich hier um die angebliche Verteilung von Baustellen, die auf die Gründung Gießhübls schließen ließ.

Die Geologen fanden, daß das Terrain hier gipshältig ist, und da sich auf der Hochleiten ein reichhaltiger Gipsschacht befand, sich der Name von "Gipshügel" abgeleitet habe.

Die Kulturhistoriker nahmen an, daß sich der Name des Ortes von "Guhshügel" (Gußhügel) ableite, weil bei Regen vom 527 m hohen Eichberg große Regengüsse bachartig in die Täler flossen. Man versuchte auch einen Zusammenhang mit der Erbauung von kleinen Hütten (=Hübeln) als Schutz vor den Regengüssen herzustellen.

Landeskundler wiesen darauf hin, daß in schwäbischen Gegenden der "Gisshübel/Gieszübel" (eine Art Gießkanne) in früheren Zeiten zur Bestrafung und Ahndung von Garten- und Felddiebstählen verwendet wurde, in das der Verbrecher gesetzt wurde und welches durch Wegziehen des Bodens ins Wasser befördert, also "begossen"  wurde.

Der Sage nach entstand die Ortsbezeichnung aus dem Namen "Geißhügel", weil die Bewohner von den umliegenden Orten ihre Ziegen dort zur Weide trieben.

 

1368        Tritt der Name "Gießhübl" in der Form "der Gissubel" zum ersten Male urkundlich gesichert, als typischer Flurname, auf.

1420        Namen der hausbesitzenden "Ur-Gießhübler": Aister/Ayster/Aysterer. Asbalt auf dem Gissubel, Cherner, E/En/Enn

1453        Erstmalige Erwähnung einer Siedlung mit der Schreibung "Hohenleiten". (Als Flurname wird Hochleiten bereits 1292 erwähnt).

1529        Der Ort wurde erstmals von Türken verwüstet. Noch 1551 hieß es: "ain öden fleckh auf dem Gissibl im Hinterleehen genandt ... nach den Türgkhen übertzug sollicher Weingarten verödt worden".

1570        Die Herrschaft Mödling hat in Gießhübl eine Schanksteuer eingehoben, also muss damals bereits gesiedelt worden sein.

1590        Erste eindeutige Nachricht über die "GEMEIN AM GÜSSÜBL". In einem Dokument wird der Name des Ortsrichters Christoff Wolmerstorffer genannt, der für die Benützung einer "Überländwiese"  einen Jahreszins von 2 Schillingen einheben ließ.

1628        Im Bericht der Reformationskomission wurd Gießhübl evangelisch genannt.

1673         Nach dem Urbar vom 1. Jänner (Hausarchiv Liechtenstein ms 1703) wurde bereits ein Gießhübler Mesner namens Lorenz Rath und seine EhefrauMargarete genannt.

1683         Im Juli verbrachte Leop old I einige Tage auf einer Besitzung mit Jagdhaus in Gießhübl bei Mödling. (Aus dem Buch "Doppeladler und Halbmond" Entscheidungsjahr 1683 v. Thomas M. Barker, I. Kapitel, Seite 17)

                 Der Ort wurde abermals, wie alle anderen Nachbargemeinden, von den Türken                  verwüstet. Balthasar Kleinschroth schrieb in seinem Tagbuch:
                "Dessgleichen haben wir abermahl sehr vill totte gesehen, absonderlich auf den
                 Gissibel" Ein einziger Bürger namens Mayerhofer überlebte mit seinem Sohn das
                 Massaker, in dem er sich im Wald auf einem Baum versteckte. (Nach einem Bericht
                 vom 16. April 1684 war in 23 von 28 Häusern niemand mehr "ansässig".

                 Nach den Türkenkriegen wurde der verödete und verlassene Großraum Mödling
                 von Einwanderern aus der Steiermark neu besiedelt, von denen sich einige auch in
                 Gießhübl niedergelassen haben.

                       

1690         Johann Peikhardt, gewesener Bürgermeister von Wien,  wohnte mehrere Jahre
                 in Gießhübl und erbaute in seinem Hause eine eigene Kapelle, da der Weg
                 zur Pfarrkirche Mödling sehr schlecht war. Nach seinem Tod ging Haus und 
                 Kapelle käuflich in den Besitz des Herrn v. Reichmann über.

 

1747         Herr v. Reichmann schenkte Haus, Kapelle und Gründe seinem Messeleser
                 Josef  Ottmann. Im gleichen Jahr baute Ottmann mit Hilfe der Gemeinde und 
                 einiger Wohltäter die Kapelle zu einem Kirchlein um.

 

1749         Ein Turm wurde errichtet. Die Messingplatte mit lat. Inschrift, die damals
                 eingemauert wurde, ist in Besitz der Pfarre Gießhübl und ist somit das älteste
                 erhaltene Dokument Gießhübls. Die deutsche Übersetzung lautet:

                 Zum ewigen Gedenken!
                 Der hohe Herr Karl Josef Freiherr zu Waffenberg, Herr auf der Burg Mödling
                 und der Feste Liechtenstein legte in Anwesenheit des hochwürdigsten Herrn 
                 Josef Bernhard Gamper, Pfarrer in Mödling, des hochwürdigen Herrn Josef 
                 Ottmann, Benefiziar in Gießhübl und der gesamten Bevölkerung dieses Ortes 
                 den Grundstein zur Erbauung eines Turmes für die hiesige Kapelle zur 
                 allerheiligsten und "Unteilbaren Dreifaltigkeit" am 17. Mai 1749

 

1756         Die Kirche erhielt Tabernakel und Paramente vom Wiener Magistrat.

 

1758         Es wurden zwei Seitenaltäre errichtet.

 

1783         Erbaute Baron Penkler, Herr der Feste Liechtenstein und Patron der Pfarre eine
                 Kirche. Diese wurde von Weihbischof Graf von Arz und Wasseg konsekriert. Am 7.
                 November 1783 wurde Gießhübl von der Pfarre Mödling getrennt und zur
                 Lokalkaplanei erhoben. Zur gleichen Zeit erhielt Gießhübl eine Schule. Der Unterricht
                 wurde im Hause Nr. 1 (heute Hauptstraße 75) abgehalten.

 

1784         Das Verleihungsrecht der Messeleser ging an Baron Penkler über.

 

1795         53 Häuser, mehrere gute Kalkbrüche.

 

1798         Patronat Fürst Stanislaus Poniatowsky

 

1797         Es wurden Reparaturen am Schulhaus vorgenommen.

 

1799         Es wurden Renovierungsarbeiten an der Kirche und am Pfarrhof durchgeführt.



Diese Chronik wurde zusammengestellt von Anton Wasinger aus mehreren Quellen (Memoiren von Pfarrer Karl Sladecek, Pfarrchronik und Dr. Karl Kocourek) bzw., nach Vorarbeiten von Oberlehrer Josef Mayerhofer (Chronik von Gießhübl, Heimatbuch f. d. Bezirk Mödling Jahrgang 1956 Seite 38 - 42), Dr. Wilhelm, der mir viele Daten aus dem Hausarchiv des Fürsten von und zu Liechtenstein zukommen ließ, Bgm. Rudolf  Knopf, der mir wertvolles über die Entwicklung des Jungarbeiterdorfes Hochleiten mitteilte und Dr. Andreas Kusternig, der 1992 für die Gemeinde Gießhübl bzw. für die nahe Umgebung für die Zeit vor 1600 bisher nicht bekannte geschichtliche Daten erforschte.

Gießhübl, am 15. Juli  2004